Drei Wochen mit dem Zug durch den Balkan

Mit einem sechsjährigen und einem achtjährigen Kind von Hamburg in den Balkan mit der Bahn zu reisen geht nicht? Und ob das geht! Im Sommer 2019 haben wir den Beweis angetreten. Unsere Reise startete in Hamburg und führte über Wien nach Belgrad, Bar, Kotor, Dubrovnik und Mostar. Die Rückreise von Mostar haben wir dann mit dem Flugzeug angetreten, obwohl es eigentlich anders geplant war.

Hamburg

Unser Ausgangsbahnhof war der Hauptbahnhof in Hamburg. Von hier ging es mit dem ICE nach Wien. Wir entschieden uns gegen Nachtzüge, da wir die Landschaft genießen wollten und weil ich in einem richtigen Bett besser schlafe.

Wien

Die erste Etappe unserer Interrail-Tour führte uns nach Wien. Direkt an der Donau gelegen, strotzt die Stadt nur so vor Lebendigkeit und Anmut. Unser Programm in Wien war klar: Wir besichtigten den Stephansdom, schlenderten durch die Gassen der Altstadt vorbei an der Hofburg, der Österreichischen Nationalbibliothek, über den Heldenplatz zum Volkspark. Es gab so viel zu sehen! Abschließend ging es zum Baden in die Alte Donau.

Am frühen Morgen des nächsten Tages ging es dann wieder zum Bahnhof, um die Weiterreise nach Belgrad anzutreten. Hier waren Zwischenstopps und Umstiege in Budapest und Novi Sad nötig.

Belgrad

Belgrad ist eine wunderschöne Stadt, in der wir einige Tage zum Erkunden eingeplant haben. Wir waren begeistert von diesem Ort der extremen Gegensätze und abwechslungsreichen Architektur. Belgrad wurde mehr als 30 Mal vollkommen zerstört, aber immer wieder aufgebaut. Die letzte Bombardierung liegt nur 20 Jahre zurück und erfolgte durch die NATO unter deutscher Beteiligung. In Belgrad gibt es viele zerstörte und zerfallene Gebäude, aber auch prachtvolle Bauten, die neben kommunistischen Klötzen stehen, die mich stark an meine Kindheit in der DDR erinnerten. Toll fand ich es, jeden Tag frisches Essen auf dem Marktplatz zu kaufen und mit den herzlichen Verkäufer*innen dort ins Gespräch zu kommen.

Die Belgrader Innenstadt erkundeten wir ohne Plan, da alles dicht beieinander lag. Etwas weiter entfernt lag nur die Festung von Belgrad, die einen atemberaubenden Blick auf die Stadt bietet. Aber auch die erreichten wir mit einem Fußmarsch. Die Festung liegt an der Mündung der Save in die Donau und ist ein historisches Wahrzeichen mit beeindruckenden Aussichten und einem schönen Park, dem Kalemegdan-Park. Die Kinder liebten es, hier die Salamander bei ihrem Sonnenbad auf den Steinmauern zu beobachten.

Weitere Sehenswürdigkeiten in Belgrad, die einen Besuch Wert sind:

  • Skadarlija: Ein wunderschönes, historisches Viertel mit Kopfsteinpflasterstraßen, das oft als das Montmartre von Belgrad bezeichnet wird. Hier gibt es viele traditionelle Restaurants und Cafés. Besonders empfehlenswert ist das Restaurant Smokvica, in dem wir besonders lecker gegessen haben.
  • Dom des Heiligen Sava: Eine der größten orthodoxen Kirchen der Welt. Der Bau ist beeindruckend und die Innenräume, sind absolut sehenswert.
  • St. Markus Kirche: Eine serbisch-orthodoxe Kirche, die nach dem Dom des Heiligen Sava die zweitgrößte Kirche des Landes ist. Der Park in dem die Kirche steht bietet sich übrigens hervorragend für eine kleine Pause mit Picknick an.
  • Knez Mihailova: Die Haupteinkaufsstraße und Fußgängerzone im Herzen Belgrads. Sie erstreckt sich vom Kalemegdan-Park bis zum Platz der Republik und ist gesäumt von historischen Gebäuden, Geschäften, Cafés und Restaurants.
  • Nikola-Tesla-Museum: Dieses Museum ist Nikola Tesla gewidmet, einem der größten Erfinder und Wissenschaftler. Es beherbergt eine Sammlung seiner persönlichen Gegenstände, Modelle seiner Erfindungen und Dokumentationen seines Lebens und seiner Arbeit.
  • Ada Ciganlija: Eine Halbinsel in der Save, die im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel ist. Hier kann man schwimmen, Wassersport betreiben, Rad fahren oder einfach am Strand entspannen.

Auf geht’s nach Bar

Die Zugstrecke von Belgrad nach Bar ist absolut beeindruckend, wunderschön und abwechslungsreich. Der Zug entsprach noch dem Modell, in dem wir die Fenster zum Öffnen nach unten ziehen konnten, so dass wir die ganze Fahrt von 11,5 Stunden die Nase in den Wind halten, staunen, fotografieren und filmen konnten. Die Fahrt kam uns nicht annähernd so lange vor, da es so viel zu sehen gab und wir extrem beeindruckt waren. Die Berge wurden immer höher und massiver, die Natur wechselte zwischen saftig grüner Vegetation, reißenden Flüssen, schönen Seen, beeindruckenden Felsmassiven und dazwischen immer wieder vereinzelt Häuser oder Ortschaften. Zum Ende fuhren wir entlang der Adria im Sonnenuntergang. Ein echtes Naturspektakel!

Beeindruckend ist, dass wir auf dieser Bahnstrecke von nur 476 Kilometern 254 Tunnel durchfahren und 243 Brücken überquert haben. Die gesamte Strecke ist eine beeindruckende Meisterleistung.

Bar

Spät abends angekommen in Bar waren wir total schockiert, wie heruntergekommen unsere Unterkunft aussah. Zur Stärkung und auf den Schreck gingen wir erst einmal etwas essen und entschieden, dass wir am nächsten Tag direkt weiterreisen wollten. Die Nacht war kurz und bescheiden und am nächsten Tag ging es mit dem Bus direkt weiter in das wunderschöne Kotor.

Kotor

In Kotor verliebten wir uns sofort. Eine bezaubernde Altstadt gelegen in einer wunderschönen Bucht. Wir nahmen uns die Zeit, die Festung der Stadt zu erkunden. Es war ein schönes Treppenworkout: 264 Höhenmeter auf 1,4 Kilometern bei hochsommerlichen Temperaturen. Wir starteten mit unserem Ausflug so, dass wir den Sonnenuntergang sehen konnten und das hat sich wirklich gelohnt. Wir hatten einen wunderschönen Blick über die Bucht von Kotor und konnten uns gar nicht sattsehen.

Ein schöner Ausflug, für den ihr viel Sonnencreme dabeihaben solltet, ist eine Bootstour. Wir konnten uns von unserem Vermieter ein Motorboot ausleihen, für das kein Führerschein benötigt wird und erkundeten auf diesem Weg die Bucht. Auf der Höhe von Perast befinden sich zwei kleine Inseln. Auf Sveti Dorde steht ein Benediktinerkloster mit Klostermauer und Klostergarten, dessen Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Mit den Gebäuden und den Zypressen wirkt die Insel besonders idyllisch. Die andere Insel, die sich direkt neben Sveti Dorde befindet, heißt Gospa od Škrpjela. Im Gegensatz zu Sveti Dorde wurde Gospa od Škrpjela künstlich aufgeschüttet und 1452 eine katholische Kirche darauf errichtet. Das heutige Gotteshaus stammt von 1632 und wurde 1722 erneuert und erweitert. Die beiden Inseln sowie die ganze Bucht von Kotor gehören seit 1979 zum Weltnatur- und Weltkulturerbe der UNESCO.

Essen waren wir immer direkt am Wasser im Konoba Akustik. Dort gab es unter anderem richtig gute Fischgerichte, weshalb wir die Tage dort immer wieder zum Abendessen aufgeschlagen sind. Besonders schön war auch, dass man direkt daneben baden, paddeln und mit dem Stand-Up Board fahren konnte. Das Stand-Up Board war allerdings eine ziemliche Herausforderung, da dort immer wieder Wellen versucht haben, mich ins Wasser zu befördern – und zwar erfolgreich.

Dubrovnik

Dubrovnik überraschte uns mit seiner Bergigkeit. Unsere Unterkunft lag eigentlich nur ein kurzes Stück vom Busbahnhof entfernt, wären da nicht die vielen Höhenmeter und unsere Rucksäcke gewesen. Das Schönste für die Kinder an unserer Unterkunft: Die Nachbarn hatten Schildkröten im Garten!

Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so wunderschöne und beeindruckende Altstadt gesehen zu haben. Es wirkte alles wie in einem Film. Die Stadt an sich ist jedoch touristisch extrem überlaufen und überhaupt nicht für Fußgänger ausgelegt. Die Eiskugeln waren hier sogar noch teurer als in Wien! Bei der Besichtigung der Altstadt hatten wir allerdings richtig Glück, da es zuvor ein heftiges Gewitter gab und die Touristen sich wohl alle in ihren Hotelzimmern verkrochen hatten. Ein halber Tag zur Besichtigung der Stadt wäre hier aus unserer Sicht absolut ausreichend gewesen.

Mostar

Unser letzter Stopp war Mostar. Das typische Wahrzeichen von Mostar ist Stari Most, die Alte Brücke. Eigentlich war die 1566 erbaute Brücke das Verbindungssymbol der muslimischen, slawisch-orthodoxen und katholischen Kultur in der Stadt. Die Brücke steht noch, die Stadt wurde jedoch im Bosnienkrieg in den 90ern entzweit.

Da wir ohne Auto unterwegs waren und die Sehenswürdigkeiten hier weiter auseinanderlagen, nahmen wir eine Tour-Guidin. Sie erzählte uns, wie vor dem Bosnienkrieg alle miteinander lebten und wie sich dies von einem auf den anderen Tag änderte. Spuren des Krieges sind auch heute noch an einigen Häusern zu erkennen.

Wir starteten relativ früh in Blagaj Tekija, einem Must-See und deshalb sehr überlaufen. Wir waren aber vor den großen Touristenanstürmen dort und konnten den Anblick genießen. An diesem Ort entspringt die Buna und direkt an der Quelle befindet sich das Derwischkloster, das vor fast 600 Jahren von den Derwischen in den Fels geschlagen wurde. Ein wunderschöner Ort.

Von Blagaj Tekija ging es dann mit dem Auto nach Pocitelj. Die Stadt wurde während des Bosnienkrieges angegriffen und Moschee, Hamam sowie zahlreiche osmanische Häuser aus dem 18. Jahrhundert wurden zerstört. Die Rekonstruktion der meisten historischen Gebäude wurde 2002 abgeschlossen, doch leben tut dort kaum noch jemand. Es entsteht jedoch eine Art Künstlerkolonie.

Als Abschluss ging es dann noch zu den Kravice-Wasserfällen. Das Gebiet um die Wasserfälle steht unter Naturschutz, es gibt jedoch einen ausgewiesenen Bereich zum Baden. Allerdings muss man etwas Mut mitbringen, das Wasser ist nämlich ganz schön kalt. Wer sich nicht in das Wasser traut, das ist nicht schlimm. Es lohnt sich alleine für den tollen Anblick.

Heimreise

Zurück nach Hause ging es für uns ab dem Flughafen Mostar mit dem Flugzeug. Der ursprüngliche Plan sah vor, über Sarajevo, Zagreb und München wieder nach Hamburg zu kommen, aber wir entschieden uns letztlich für den bequemeren Flug und das letzte Stück in Deutschland dann nochmal mit der Deutschen Bahn.

Eine wunderschöne Reise war dies und unsere erste Interrail-Tour. Wir wussten nicht, was uns erwartet und haben festgestellt, dass dies genau unsere Art zu reisen ist. Es ist ein Abenteuer für die ganze Familie, das flexibel gestaltet und immer an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden kann.

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